Geschichte

 

Geschichte der Oberkirche

 

Im Jahr 1209 erfolgte die Gründung des Franziskanerordens durch Franz von Assisi mit Billigung von Papst Innozenz III. Zentrales Gebot der Franziskaner war die unbedingte Armut und Ablehnung jeglichen Besitzes. Predigt, Seelsorge und Krankenpflege sowie später die wissenschaftliche Betätigung gehörten zu den traditionellen Tätigkeitsfeldern der Franziskaner. Im Gegensatz zu anderen Orden bauten die Bettelmönche deshalb ihre Klöster während der Zeit der sich entwickelnden städtischen Kultur in die Städte.

So fanden die von Gotha kommenden Franziskaner, auch Barfüßermönche genannt, in Arnstadt gute Aufnahme, so dass sie auf einer Anhöhe innerhalb der Stadt und oberhalb des Rieds sofort 1246 mit der Errichtung von Kloster und Kirche begannen. Entsprechend der Ordensregeln entstanden bis 1270 schlichte Gebäude. An den einschiffigen, langgestreckten, turmlosen Kirchenbaukörper gliederten sich südlich zunächst hölzerne Klausurgebäude mit Kreuzgang und Kreuzhof an. In einer 2 Bauphase wurde die Kirche dann bis 1300 auf ihre heutige Größe erweitert und in der ersten Hälfte des 14. Jahrunderts fertig gestellt. Gleichzeitig wurden in dieser Zeit auch steinerne Klausurgebäude und Kreuzgang erstellt.

1461 wurde in der Nordwand ein Glockenturm eingebaut, wohl auch um die starke Neigung der Nordwand des Kirchenschiffs abzufangen.

1498 erhielt die Kirche des Barfüßerklosters – daher auch Barfüßerkirche genannt – einen kunstvoll geschnitzten gotischen Flügelaltar.

1538 – erst 5 Jahre nach Einführung der Reformation in Arnstadt (1533) – räumten die Franziskanermönche unter „großem Zorn“ das Kloster, nachdem ihnen eine kurze Bedenkzeit gewährt wurde, sich zur Reformation zu bekennen, was sie aber ausschlugen.

1539 fielen die Kirche an die Stadt Arnstadt und das Kloster an das Grafenhaus. Auf Initiative von Graf Günther XL. von Schwarzburg wurde 1540 eine gräfliche Erziehungsanstalt eröffnet. Der Sohn Graf Günther XLI. schloss die Anstalt 1561 und übergab das Kloster Leo von Packmor, Oberst des Grafen, als Alterswohnsitz.

Nach dem Stadtbrand 1581 gab Packmor das Klostergebäude erst als Notunterkunft, später nach seinem Tod (1583) testamentarisch für die Kirche und Schule frei. Da die Bonifaziuskirche (Vorgängerbau der Bachkirche) dem Stadtbrand zum Opfer fiel, wird die Barfüßerkirche Hauptkirche der Stadt. 1588 wurde die Orgel erstmals erneuert. Die u.a. durch von Packmor gespendete Kanzel wurde 1589 geweiht. Sein Legat bildete auch die Grundlage für die wertvolle Bibliothek der Kirche.

Kirchenschiff mit Taufstein von Burchard Röhl (1639)
Kirchenschiff mit Taufstein von Burchard Röhl (1639)

Das Untergeschoss des Adelsstandes links des Altars sowie die unteren Emporen wurden Ende des 16. Jahrhunderts errichtet. Anfang des 17. Jahrhunderts sind wesentliche bauliche Aktivitäten verzeichnet. von 1609 bis 1610 wurde die Decke renoviert. Danach wurden im Kircheninneren die wertvollen und heute noch im Wesentlichen vorhandenen Ausstattungen über den oberen Teil des Adelsstands, den Fürstenstand, die Kanzel (1625), die Taufe (1639) bis hin zum dreigeschossigen Hochaltar (1641) eingebaut.

Chor (Altar von Burchard Röhl 1641)
Chor (Altar von Burchard Röhl 1641)

Mit der barocken Ausstattung von Kanzel und Altar durch den Arnstädter Künstler Burchard Röhl kamen die vorhandene Kanzel 1624 und der gotische Altar 1642 in die Liebfrauenkirche, wo sie heute noch zu sehen sind. 1611 wurde eine neue Orgel von Ezechiel Groitzscher, Eisleben errichtet.

Heinrich Bach (1615-1692) war von 1640 bis zu seinem Tod Organist an der Barfüßerkirche.

1715 wurden weitere Emporen eingebaut und die Kanzel verändert. 1725 wurden das jetzige Tonnengewölbe und die Mansardenfenster durch den Zimmermeister Lange eingebaut und dabei auch die erforderlichen Eingriffe in die Dachkonstruktion (zusätzliche Konstruktionshölzer auf der Gespärreinnenseite zur Befestigung der Tonnenschalung mit neuem und engeren Radius) vorgenommen.

Der zweite Bach an der Orgel der Barfüßerkirche war Johann Ernst (1683-1739), der ab 1728 bis zu seinem Tod die Orgel dieser und der Liebfrauenkirche spielte.

1746 erhielt der Turm anstelle des vermutlich vormals vorhandenen steilen Pyramidendachs eine barocke Turmhaube. 2 Jahre später wurde wohl das Kirchendach neu eingedeckt. Mit dem von 1751 bis 1756 bzw. 1760 währenden Einbau einer neuen Orgel durch Schmaltz ging eine Epoche wesentlicher baulicher Maßnahmen zu Ende.

130 Jahre später dokumentieren Schriftstücke in den Archivalien den extrem schlechten baulichen Zustand der Oberkirche. Trotzdem dauerte es noch bis 1899, ehe mit umfassenden Restaurierungsmaßnahmen begonnen wurde, die bis 1901 währten. Viele Kirchenstände wurden ausgebaut, die Tonnendecke verputzt, die im Fußboden liegenden Grabsteine und Epitaphien aufgestellt, der Betonfußboden eingebracht und die Kirche ausgemalt. 1902 erfolgte der Einbau einer neuen Orgel durch die Firma Sauer. 1909 erhielt die Kirche eine Dampfheizung. 1942 musste die Glocke, die 1587 von Melchior Möring gegossen wurde, für Kriegszwecke abgeliefert werden. 1946 wurde auf Beschluss des Gemeindekirchenrats der „Klengel“ aus der Liebfrauenkirche in der Oberkirche aufgehängt. Während des 2. Weltkrieges nahm auch die Oberkirche Schaden (Dach teilweise abgedeckt, Tonnengewölbe auf ca. 10 m² durchschlagen, Mauerdurchschuss von ca. 1 m²,  4 Altarfenster völlig zertrümmert u.a. Schäden). Nach den erforderlichen Arbeiten (u.a. auch Ausbau der Emporen von 1715) wurde die Kirche 1947 wieder in Gebrauch genommen und die Pfarrstelle 1949 wieder besetzt.

Schon 25 Jahre später zeichneten sich wieder schwere Schäden an der Substanz ab. Undichtigkeiten am Dach schädigten Konstruktion und Ausstattung, sodass es 1977 zur Schließung der Oberkirche kam.

Seit den 90er Jahren laufen die Arbeiten zur Sanierung und Restaurierung der Oberkirche. Der Abschluss der wesentlichsten Arbeiten war ursprünglich zum Reformationsjubiläum vorgesehen, fand seinen Endpunkt jedoch aufgrund unerwarteter Fußbodenarbeiten erst mit ihrer Wiederweihe am 13. September 2020.

Die Öffnung der Oberkirche erfolgt seit 2007 durch den Verein Oberkirche Arnstadt e.V.

Die im Reformationsjahr durch den Verein Oberkirche Arnstadt e.V. herausgegebene neue umfangreiche Broschüre zur Oberkirche gibt einen detaillierteren Einblick in ihre Geschichte.

a brief historical outline of the Upper church (Oberkirche) in Arnstadt

L’église réformée d’Arnstadt (die Oberkirche) – un bref aperçu historique

De Oberkirche in Arnstadt – een korte samenvatting van de geschiedenis

Верхняя церковь в Арнштадте – краткое введение в историю

 

Quellen:

  1. Die Oberkirche in Arnstadt, Hans Prautzsch, 1962;
  2. Präsentation Oberkirche Arnstadt, Vorbereitung potenzieller Maßnahmen zum Reformationsjubiläum 2017, Lehrmann & Partner 2010)

Eine Übersicht über die Geschichte der Oberkirche können Sie folgendem PDF entnehmen.

Folgende Artikel in der Thüringer Allgemeinen vom 28.12.2013 und vom 04.04.2014 befassen sich mit interessanten Kapiteln in der Geschichte der Oberkirche.