Gebäude

Ein schlichter Bau von hoher Authentizität

Die Oberkirche in Arnstadt ist ein schlichter, einschiffiger Bau eines Franziskanerklosters aus dem 13. Jahrhundert, der auf einer Anhöhe am südlichen Rand der Arnstädter Altstadt errichtet wurde. Der Innenraum misst 60 mal 11 Meter, die Decke ist als Holztonne ausgeführt und stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die Kirche war ursprünglich turmlos. Im 15. Jahrhundert wurde der Turm errichtet, der seitdem die 60 cm überhängende, mächtige Nordwand des Gebäudes abstützt. Teile des Kreuzganges sind noch erhalten, jedoch sanierungsbedürftig. Weitere Gebäude des Klosters dienen heute der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Arnstadt als Diensträume, Wohnung und Gemeindezentrum.

Der Innenraum ist vor allem durch den großen frühbarocken Altar, die Fürstenstände und Emporen und das Taufbecken geprägt, welche alle aus dem 17. Jahrhundert stammen. Der ursprüngliche als Tryptichon und Klappaltar ausgeführte frühgotische Altar der Franziskaner steht seit dieser Zeit in der Arnstädter Liebfrauenkirche. Zahlreiche Gemälde aus derselben Zeit zeigen biblische Szenen und schmücken die Ballustraden der Emporen.

Oberkirche zu Arnstadt Innenansicht etwa 1945

Das Foto zeigt den Zustand der Kirche kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Sanierungsrückstand und eindringender Regen führten in den sechziger und siebziger Jahren zu starkem Verfall der Innenausstattung. Der nördliche Adelsstand (rechts im Bild) sowie die Kanzel waren ausgebaut und eingelagert, ebenso die Figuren des Taufbeckens. Mittlerweile können Sie wieder an ursprünglicher Stelle besichtigt werden. Die Orgel aus der Gründerzeit ist nicht mehr funktionstüchtig.

In der Oberkirche ist die Atmosphäre des Franziskanerklosters noch ebenso spürbar wie das Jahrhundert nach der Reformation. Dass die Kirche im Wesentlichen seit dem 18. Jahrhundert nicht umgestaltet wurde, verleiht ihr eine besondere Authentizität.

Die notwendige Sanierung der Bausubstanz sollte im Reformationsjahr 2017 abgeschlossen sein, fand aber erst mit der Wiederweihe der Kirche am 13. September 2020 ihren vorläufigen Abschluss.

Ausstattung der Kirche

An der Nordwand befinden sich die Ostern 1625 geweihte Kanzel sowie der um 1590 geschaffene Adelsstand. Weiterhin sind (von West nach Ost) zu sehen:

  • eines der 12 ehemals vorhandenen Apostelmedaillons aus dem 13. Jahrhundert;

darunter in die Wand eingelassen:

  • Epitaph für Steinmetz Donatus Fritzsch und seine Frau Othilie geb. Junghans. Ein Wappenschild zeigt sein Steinmetzzeichen, das auch an dem links unter diesem Epitaph stehenden von ihm geschaffenen Epitaph für Erasmus Kilian zu finden ist.;

    Grabstein für Georg Fischer (1505), Darstellung der Gregormesse
    Grabstein für Georg Fischer

darunter am Boden stehend:

  • Epitaph Bürgermeister Erasmus Kilian, 1545 Bürgermeister (1576);
  • Grabstein für Georg Fischer (1505), Besitzer der Schmelzhütten (Am Kupferrasen, Arnstadt), Es ist der künstlerisch bedeutsamste Stein. Er stellt die „Gregorsmesse“ dar.;

über der 2. Seitenpforte:

  • Epitaph für den Kanzler Dr. Heinrich Schneidewein († 1580);

über dem Aufgang zur Kanzel:

  • das von Burchard Röhl um 1630 geschaffene Kruzifix;

unter der Kanzel

  • der nicht mehr datierbare Grabstein eines unbekannten Ehepaars;

im Turmuntergeschoss:

  • ein weiterer Grabstein mit einer männlichen, betenden Gestalt, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert.

Im Altarraum finden sich an der Nordwand die über den Grabsteinen angebrachten Epitaphe (vlnr.):

  • Epitaph für D. Nicolaus Scheller, Schwarzburgischer Rat (1581);
  • dreiflügeliges Altarretabel, das die Gräfin Katharina 1594 aus dem Inventar des Schlosses Neideck in die Kirche gestiftet hat. Durch das Gemälde des niederländischen Malers Frans Floris ( 1572) ist es wohl das bedeutendste Kunstwerk der Oberkirche. Eine zugefügte Gedenktafel erinnert an Graf Günther XLI.;
  • Epitaph für Catharina Güttich (1628, 34 Jahre), Ehefrau des Kanzlers Johann Caspar Güttich (gestaltet von Burchard Röhl, Arnstadt 1629).

Unter den Epitaphen sind folgende im Jahre 1900 aufgestellte Grabsteine zu sehen (vlnr.):

  • Katharina von Witzleben (1501),
  • Kanzler Dr. Andreas Gerhard, Schwarzburgischer Rat (1623),
  • Sophia Elisabeth Tentzel (1694),
  • Kinder des Superintendenten Tentzel (1685),
  • Superintendent Dr. Jacob Tentzel (1673),
  • Obristleutnant Hartenack Christian v. Wangelin auf Vilis Braunschweig-Lüneburg (1678),
  • Utha von Schwarzburg (1346),
  • Grabplatte vermutlich eines Ritters von Witzleben  (1520).

Vor der Ostwand steht der 1641 von Burchard Röhl (Arnstadt) geschaffene und Ostern 1642 geweihte Hochaltar, der von Graf Günther XLII. gestiftet wurde. Der Altar besteht aus insgesamt 33 Figuren und 6 Bildern. Ein großer Teil der Figuren ist zur Restaurierung ausgebaut. An der Wand hinter dem Altar befinden sich die folgenden Grabsteine und Epitaphe (vlnr.):

  • Kanzler Dr. Heinrich Schneidewein († 1 580)
  • Catharina (1492),
  • Kanzler Hieronymus Hedenus (1670), Lutherrose mit Bronzeplatte,
  • Epitaph Kanzler Hieronymus Hedenus (1670),

An der Südwand schließen sich (vlnr.) die folgenden Epitaphe an:

  • Epitaph Landrentmeister Christoph Kirchberger (1593), Schwarzburgischer Rat,
  • Epitaph Landrentmeister Ludwig Koch (1620), Schwarzburgischer Rat,
  • Epitaph Leo von Packmor (1583), Oberst unter Graf Günther dem Streitbaren (derzeit noch ausgelagert)

und darunter die Grabplatten:

  • Landrentmeister Ludwig Koch (1621),
  • Landrentmeister Christoph Kirchberger (1593),
  • Kanzler Johannes Börner (1587),
  • Ritter Rudolf von Hopfgarten (1529),
  • Leo von Packmor (1583).

An der Südwand befinden sich auch die Zelebrantensitze, der Fürstenstand (um 1610-1620), der kleine Gräfinnenstand (1645) sowie die Bilderemporen. Die Emporenmalerei entstand ca. 1600 nach der Vorlage von Holzschnitten einer 1547 bei J. Krafft (Wittenberg) gedruckten Bilderbibel. Über den Emporen ist das aus der Klosterzeit stammende gotische Kruzifix (um 1350, Datierung unsicher) zu sehen, links davon Bildnisse von Luther (1590 angeschafft) sowie Superintendent Nicodemus Lappe (1634-1663), rechts davon von Melanchthon (ebenso von 1590) und Superintendent Wolfgang Caroli (1711-1736) Rechts daneben findet sich ein weiteres Sichtfenster mit einem Wandfries aus der Zeit der Franziskaner.

Die Malerei an der Empore an der Westseite der Kirche zeigt Bilder aus der Kindheit Jesu. Wahrscheinlich sind es die ältesten der Kirche. Die in der Kirche noch vorhandene Orgel ist die 1902 von der Firma Sauer eingebaute. (Pfeifen teilweise ausgebaut).

Zur weiteren Ausstattung der Kirche gehören der von Burchard Röhl 1639 in Holz und Metall  geschaffene Taufstein sowie die im Boden vor der Kanzel durch eine Glasplatte sichtbare, in das 12. Jahrhundert datierte Grabplatte eines Adligen aus dem Geschlecht derer von Griesheim, die erst bei den Fußbodenreparaturarbeiten 2017 entdeckt wurde.

Verschiedene Gemälde sind z.Z. noch ausgelagert, darunter Gemälde des Superintendenten Johann Gottfried Oleairius (1711) sowie zwei Gemälde (nach 1737) vom Hofmaler Gottfried Wunderlich und  ein Bildnis (um 1810) des Diakons Johann Carl Umbreit (1820).

 

Die im Reformationsjahr durch den Verein Oberkirche Arnstadt e.V. herausgegebene neue umfangreiche Broschüre zur Oberkirche gibt einen detaillierteren Einblick zum Bau und ihrer Ausstattung.

 

Quellen:

Die Oberkirche in Arnstadt, Hans Prautzsch, 1962;

Präsentation Oberkirche Arnstadt, Vorbereitung potenzieller Maßnahmen zum Reformationsjubiläum 2017, Lehrmann & Partner 2010;

Chronik der Oberkirche, Zusammenstellung von Hans-Ulrich Orban, 2008

 

Das sagt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz >>>